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Retrospektive

Naturkosmetik in Russland: die Moskauer Biomesse EcoCityExpo

Dieses Interview stammt aus dem Jahr 2019, als ich mit Authentic Eco gerade einen Stand auf der EcoCityExpo in Moskau gebucht hatte. Die Covidwelle 2020 machte diesen Plan zunichte. Aufgrund der politischen Entwicklungen seit Februar 2022 habe ich die RF nun komplett aus meinem Portfolio genommen. Allen Naturkosmetikfirmen in Russland, die mit den Konsequenzen der Entscheidung ihrer Regierung seitdem leben müssen, wünsche ich nur das Beste.

Als kleiner Erinnerung an die Welt, wie sie vor 2022 war, hier das Interview:

Die Naturkosmetik in Russland ist auf dem Vormarsch. Derzeit etabliert sich die EcoCityExpo in Moskau als Biomesse. 2013 fand sie in Moskau zum ersten Mal statt. Seitdem hat sich die Ökomesse als zentraler Ort der Information, des Austausches und der Anbahnung von Geschäftskontakten der ökologischen Branche aus Russland und den angrenzen Staaten etabliert. Im Interview mit Authentic Eco erzählt die Messeleiterin der EcoCity Expo Gulnara Timerbulatova, wie sie die Entwicklung der Naturkosmetikbranche in der Russischen Föderation einschätzt.

Interview mit Gulnara Timerbulatova über die aktuellen Entwicklungen der Naturkosmetik in Russland

Die Eco-City Expo fand 2013 zum ersten Mal statt. Wie schätzen Sie die Entwicklung der Naturkosmetik-Branche in der Russischen Föderation von damals bis heute aus Sicht der Produzenten ein?

Die Naturkosmetik-Branche in Russland ist seitdem bedeutend gewachsen. Damals gab es in Russland nur wenige Hersteller. Wenn ich mich richtig erinnere, waren das nicht mehr als fünf Firmen. Und die kochten in erster Linie Seife und machten einfache Lotionen, Hydrolate und Peelings. Im Wesentlichen war die Naturkosmetik in Russland zu dieser Zeit durch ausländische Marken vertreten. Aber diese waren sehr, sehr selten und nur bei einigen Fans bekannt.

Seitdem ist die Naturkosmetik-Branche einen gewaltigen Schritt vorangekommen. Sie entwickelt sich stürmisch. Die Pioniere der Naturkosmetik in Russland, die mit Seife und Lotionen begannen, konnten inzwischen Linien aus ihrer Produktion zertifizieren lassen. Ihr Sortiment wurde um zig Linien und hunderte Produkte erweitert. Ständig tauchen neue Hersteller auf.

Aktuell gibt es in Russland nach meiner Einschätzung mehrere hundert Naturkosmetik-Hersteller. Die Konkurrenz ist gewaltig. Und das ist bemerkenswert. Für die einzelnen Hersteller reicht es nicht mehr aus, sich einige Produkte mit jeweils fünf Inhaltstoffen auszudenken. Man muss seine Mitbewerber und Kunden ständig mit Neuheiten, kreativen Rezepturen und interessanten Produktlinien überraschen – das Kosmetiksortiment erweitert sich sehr stark.

Zu den grundlegenden Produkten gehören heute neben Cremes und Seren für unterschiedliche Hauttypen und –probleme auch eine große Anzahl an Haarpflegeprodukten, einschließlich Styling, sowie dekorative Kosmetik. Die Vielfalt der Pflegemasken zu erfassen ist gar nicht möglich. Es wurden sogar flüssige Alginate entwickelt, die bereits im Glas gebrauchsfertig sind. Leider können bisher nur drei Firmen in Russland internationale Naturkosmetik-Zertifizierungen aufweisen, aber gerade das halte ich für einen wichtigen Schritt in der Branche. Ich denke, der nächste Schritt wird die massenhafte Zertifizierung der Hersteller sein. Das ist gar nicht mehr weit weg.

Neben der russischen Naturkosmetik sind auf dem russischen Markt auch viele internationale Naturkosmetikmarken vertreten. Ihr Anteil ist im Vergleich zum Jahr 2013 stark gewachsen, obwohl ausländische Marken in dieser Zeit einen Rückschlag hinnehmen mussten. Während der Wirtschaftskrise 2014 haben sich viele ausländische Naturkosmetik-Marken von unserem Markt zurückgezogen. Grund dafür waren die hohen Preise, die aus dem Verfall des Rubels und der dementsprechend fallenden Kaufkraft resultierten.

Jetzt können wir wieder einen rasanten Anstieg der Importe auf unserem Markt verzeichnen. Auf unserer Messe nehmen immer mehr ausländische Firmen teil, die bisher noch nicht auf dem Markt vertreten waren. Das zeugt von dem Interesse der ausländischen Hersteller an Russland.

EcoCityExpo Biomesse Moskau

Hat sich seitdem der Marktanteil der Naturkosmetik verändert?

Er hat sich zweifellos verändert. Zu Beginn des zweiten Jahrzehnts wurde Naturkosmetik entweder von den Herstellern oder von den Importeuren direkt an die Endverbraucher verkauft. Es gab nur wenige Online-Shops mit unterschiedlichen Marken, besonders in Moskau und Sankt Petersburg. Heute findet man in vielen Städten Russlands zahlreiche Geschäfte mit ökologischen Produkten. Naturkosmetik ist heute in Handelsketten und auf allen Internet-Verkaufsplattformen vertreten. Es gibt einige sehr große Online-Shops, die im ganzen Land und in der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten nur Naturkosmetik-Produkte verkaufen.

Im stationären Handel kann man Naturkosmetik leider noch nicht häufig finden, aber im Internet wird sie sehr, sehr viel verkauft. Heute stellt NK (wie man bei uns in Russland sagt) eine beachtliche Konkurrenz zur herkömmlichen Kosmetik dar. Man kann praktisch jede beliebige Hautpflege durch natürliche Kosmetik, deren Anwendung keine negativen Effekte hat, ersetzen.

Gibt es Unterschiede bei der Wahrnehmung von Naturkosmetik und zertifizierter Naturkosmetik?

Die gibt es, aber nicht bei allen Käufern. Bisher weiß leider nur eine kleine Zahl von Käufern über die Zertifizierungen Bescheid. Der Mehrheit reicht es, wenn auf auf den Etiketten die Natürlichkeit der Kosmetik ausgewiesen ist. Ein weiterer Teil der Käufer studiert aufmerksam die Liste der Inhaltstoffe und entscheidet auf dieser Grundlage über den Kauf. Aber das Wissen, dass nur das Vorliegen einer Zertifizierung die Natürlichkeit der Kosmetik zu 100% bescheinigen kann, wächst stetig. Unter anderem werden wir auch auf unserer Messe Vorträge halten, um die Konsumenten darüber zu informieren.

Welche Qualitätssiegel für Naturkosmetik sind Ihrer Ansicht nach die bekanntesten in Russland?

Die bekanntesten Labels in Russland sind meiner Meinung nach EcoCert und ICEA. Es ist für mich seltsam, aber ich habe den Eindruck, dass nicht einmal alle Hersteller das Cosmos-Label kennen, erst recht nicht die Verbraucher. Aber ich denke, das liegt daran, dass dieses Label relativ neu auf dem Markt ist.

Denken Sie, dass das neue russische Öko-Siegel „Blatt des Lebens“ die Entwicklung der Zertifizierung von Naturkosmetik in Russland beeinflussen wird?

Dieses Zeichen ist vielen Anhängern der ökologischen Idee in Russland schon seit langem bekannt. Aber es steht speziell für Nachhaltigkeit und nicht Natürlichkeit. Das „Blatt des Lebens“ bestätigt nämlich die Nachhaltigkeit eines Produktes, seines Lebenszyklus. Ich denke nicht, dass es dazu beitragen wird, der Naturkosmetik mehr Aufmerksamkeit zu schenken, jedenfalls nicht in absehbarer Zeit. Aller Wahrscheinlichkeit nach werden ausländische Zertifizierer die Entwicklung beeinflussen. Ich erwarte einen Boom der Zertifizierungen in den nächsten Jahren, wie ich oben bereits sagte.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Meine Wünsche sind wahrscheinlich zu optimistisch?. Aber ich möchte gern, dass jeder Hersteller, russisch oder ausländisch, zertifiziert sein sollte. Unsere Konsumenten sollten sich nicht damit quälen müssen, die IINCI-Listen auf den Etiketten durchzulesen. Alles Greenwashing sollte aus unseren Geschäften verschwinden. Auch wünsche ich mir, dass die Hersteller nicht nur bestrebt sind, die Natürlichkeit ihrer Inhaltstoffe, sondern auch die Qualität, die Beschaffenheit und die Haltbarkeit der Kosmetik zu erhöhen. Sie sollten sich technologisch von den traditionellen Formeln lösen und immer mehr neue Produkte erschaffen. Und für die Konsumenten wünsche ich mir eine breite Verfügbarkeit von Naturkosmetik-Produkten, damit sie nicht bis ans anderen Ende der Stadt fahren müssen, um ihre Lieblingscreme zu kaufen. Sie sollten diese einfach in jedem beliebigen Geschäft in der Nähe ihres Hauses kaufen können!

Gulnara Timerbulatova ist die Leiterin der EcoCityExpo in Moskau. Herzlichen Dank für dieses Interview mit Authentic Eco! EcoCityExpo in Moskau. Vielen Dank für dieses Interview mit Authentic Eco!

Die Moskauer Bio-Messe EcoCityExpo in Zahlen

Auf der EcoCity Expo werden sich Aussteller aus dem Bio-Sektor sowohl Geschäftskunden als auch Endverbrauchern vorstellen. Der erste Messetag ist vor allem dem B2B-Austausch gewidmet. Besucher sind Vertreter des Bio-Sektors, Wiederverkäufer, Großhändler, Vertreter der Medien und Agenturen.

Im vergangenen Jahr präsentierten 104 Unternehmen mehr als 3.000 Arten von Produkten. Die Messe zog 5.067 Besucher aus 51 Regionen Russlands und 7 weiteren Ländern an. 43,7% der Besucher gehörten dem CEO an. Im Vergleich zur vorherigen EcoCity Expo stieg die Besucherzahl um 11%.

In diesem Jahr kommt die Hälfte der Aussteller aus der Naturkosmetikbranche:

Zahlen Teilnahme EcoCityExpo Biomesse Moskau

Die EcoCityExpo findet statt:
Veranstaltungssaal Danilovsky in Moskau
Dubininskaja-Straße, 71, B.5
Metro: Tulskaja, Paveletskaya

Fotocredits: Bilder von der Messe: Copyright Ecocityexpo
Fotos aus Moskau und Naturbilder: Finn Hockauf, https://www.nextstep-pictures.com Instagram: @finn_hckf

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